Kriegsalltag
Die NS-Diktatur mit Reichskanzler und „Führer“ Adolf Hitler bestimmte ab 1933 mit ihrer menschenverachtenden Ideologie und strikten Vorschriften alle Bereiche des öffentlichen, beruflichen und privaten Lebens. Sämtliche Organisationen und Behörden wurden gleichgeschaltet. Ihre Propaganda verbreitete die NSDAP über die Hanauer Zeitung und den Hanauer Anzeiger, Radio und Plakate. Zugleich wurden Kinder und Jugendliche durch Hitlerjugend (HJ) und Bund Deutscher Mädel (BDM) ideologisch indoktriniert.
„Bei Einbruch der Nacht lief ich durch unser Viertel, um die Verdunkelung aller Fenster zu überprüfen. Kein Lichtstrahl durfte nach draußen dringen, der die anfliegenden feindlichen Bomber auf eine Siedlung am Boden hätte aufmerksam machen können.“
Nora Fiedler
über ihre Aufgabe als Luftschutzmelderin, damals 15 Jahre
Sämtliche Freiheits- und Grundrechte auf freie Meinungsäußerung, Glaubens- und Religionsfreiheit oder die Unantastbarkeit der Menschenwürde hoben die Nationalsozialisten auf. Politische Gegner, Gewerkschaftsmitglieder, Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und zahlreiche andere verfolgte Gruppen wurden systematisch ausgegrenzt, entrechtet und ermordet. Die Zahl der jüdischen Bevölkerung sank von 630 Personen 1933 auf 45 im Jahr 1940. Die wenigen Verblieben wurden im Mai und September 1942 in die Vernichtungslager deportiert. Mindestens 235 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Hanau wurden ermordet.
Aufrüstungs- und Kriegspläne bestimmten Wirtschaft und Alltag. Die Hanauer Industrieunternehmen mussten auf Kriegsproduktion umstellen, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Landwirtschaft und Industrie arbeiten. Die Kriegswirtschaft führte zu Engpässen in der Versorgung mit Lebensmitteln und Gütern. Im Kriegsverlauf litten Hanauerinnen und Hanauer verstärkt Hunger und Not. Zudem fürchteten sie Luftangriffe und Zerstörung ihrer Stadt.
Während die Region Hanau in den ersten Kriegsjahren von Luftangriffen verschont blieb, veränderten auch hier die verordneten Luftschutzmaßnahmen den Alltag. Seit September 1939 wies der Hanauer Anzeiger die Bewohnerinnen und Bewohner auf die im Falle von Fliegeralarm zu ergreifenden Maßnahmen hin. Die Bevölkerung sollte unverzüglich einen Luftschutzraum (meist umfunktionierte Keller) aufsuchen und dort auf das Entwarnungssignal warten.
Ebenso galt wie andernorts die Verdunklungsordnung, sodass bei Einbruch der Dunkelheit kein Lichtschein durch Fenster und Türen sichtbar sein durfte. Zudem wurde die Straßenbeleuchtung abgedunkelt und bei Fliegeralarm vollkommen ausgeschaltet. Selbiges galt für die Beleuchtung von Autos, Motor- und Fahrrädern.
Weitere Durchführungsverordnungen zum Luftschutz verpflichteten in der Folgezeit die Hanauerinnen und Hanauer, Maßnahmen zur Brandlöschung in ihren Wohnhäusern zu treffen: Wassereimer, Tüten mit Löschsand und Feuerpatschen waren bereitzuhalten. Die Hauseigentümer mussten Schaufeln, Einreißhaken, Luftschutzapotheken, Verbandskästen und Handspritzen anschaffen. Angesichts der Dimension der Luftangriffe handelte es sich um ungenügende Vorkehrungen.

Luftschutz-Lehrgang des Nationalsozialistischen Lehrerbundes, 1940
Bei solchen Veranstaltungen übten die Teilnehmenden vorbeugende Luftschutzmaßnahmen, Verhalten bei Angriffen oder das Anlegen von Gasmasken.

NS-Aufmarsch vor dem Altstädter Rathaus, 1938
Gleichschaltung und Führerstaat drangen auch in Hanau in alle Bereiche öffentlichen und privaten Lebens ein.


